Von Autobahnen und Feldwegen – über die Wichtigkeit von Freiwilligen
Wislikofen AG, 13.11.16 (kath.ch) Mitglieder von Seelsorgeräten und andere Freiwillige leisten für die Kirche wertvolle Dienste. Sie tragen dazu bei, dass kirchliches Leben auch in Zukunft trotz abnehmenden Zahlen von Hauptamtlichen möglich ist. Dies zeigte die 32. Tagung von Seelsorgeräten aus allen Schweizer Landesteilen. Sie fand am 11. und 12. November im Bildungshaus Propstei Wislikofen AG statt und wurde vom Schweizerischen Pastoralsoziologischen Institut/SPI, St. Gallen organisiert.
Unter dem sperrigen Namen Interdiözesane Koordination der diözesanen und kantonalen Seelsorgeräte (IKO) treffen sich jedes Jahr Delegierte dieser Gremien. Diesmal waren es 23 Frauen und Männer, die sich zu einem Erfahrungsaustausch und zur Weiterbildung im nordöstlichen Zipfel des Kantons Aargau einfanden.
Die Berichte der Räte wiesen wiederum ein recht breites Spektrum auf. Es überraschte nicht, dass in den vergangenen Monaten an mehreren Orten der Fokus auf der Flüchtlingshilfe lag. Auffallend war, dass etliche Räte die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen suchten, um Synergien zu nutzen.
Neben der Motivation zur Hilfe organisierten manche Räte konkrete Aktivitäten, zum Beispiel in Form von «Patenschaften», besonders auch für minderjährige Flüchtlinge.
Unerwünschte Räte
Glauben teilen und vertiefen: Unter dieses Motto lassen sich viele Tätigkeiten von Räten stellen. Fast alle beteiligten sich an Landes- oder Jugendwallfahrten ihrer Region. Einige organisierten Tagungen oder andere Formen der religiösen Weiterbildung. Dazu bemerkte eine Teilnehmerin: «Es ist oft erschreckend, wie wenig Glaubenswissen manche Gläubige mitbringen.»
Obwohl die Seelsorgeräte ausdrücklich vom Zweiten Vatikanischen Konzil gewünscht und vielfach ihre Nützlichkeit bewiesen haben, sind sie nicht überall erwünscht. Klagen kamen vor allem aus dem Bistum Chur. Der Delegierte des Graubündner Rates beklagte sich, dieser habe sich «nutzlos, einsam und unverstanden gefühlt.» Die Mitglieder hätten sich gefragt, wofür sie ihre Zeit opferten.
Laienapostolat
Aus seiner «Sinnkrise» fand der Bündner Rat den Weg dank dem Schreiben «Evangelii Gaudium» von Papst Franziskus: «Wir haben darin eine Klärung der Arbeit des Laienapostolates gefunden und sehen unsere Arbeit in Zukunft unter den Aspekten der neuen Evangelisierung für die Weitergaben des Glaubens.»
Dass es eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Hierarchie und den Vertretern der Basis geben kann, zeigte eindrücklich der Bericht aus dem andern Ende der Schweiz. Der Genfer Seelsorgerat habe sich eindeutig hinter den Pastoralplan der Kirchenleitung gestellt. Damit habe dieser eine viel grössere Autorität erhalten, als wenn er bloss als ein Dokument «von oben» betrachtet würde.
Charismen
In Auseinandersetzung mit den vorliegenden Berichten der Räte und aufgrund von theologischen Überlegungen befasste sich Maria Blittersdorf mit dem Profil von Hauptamtlichen, Ehrenamtlichen und Freiwilligen in der Kirche. Die Mitarbeiterin des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts in St. Gallen ging von den unterschiedlichen Charismen aus. Sie betonte: «Charismen dienen andern. Sie zu nutzen erfüllt auch mich selbst.»
Blittersdorf postuliere, die kirchlichen Strukturen so zu gestalten, dass sie das Engagement von Freiwilligen fördern. Als Stichworte nannte sie: Ausbildung, transparente Kommunikation, Partizipation an Entscheidungen, Entscheidungskompetenz sowie ausreichende Ressourcen.
Autobahnen oder Feldwege
Angesichts drohender Trennung von Kirche und Staat und vor allem auch wegen der sinkenden Einnahmen aus Kirchensteuern komme der Mitarbeit von Freiwilligen eine immer grössere Bedeutung zu, monierten die in Wislikofen versammelten Delegierten.
Doch stelle sich die Frage, ob die Haupt- und Ehrenamtlichen bereit sind, etwas von ihren Aufgaben und Kompetenzen an «Bénévols» abzugeben. Die Erfahrungsberichte zeigten, dass es diesbezüglich in der Schweiz äusserst vielfältigen Situationen gibt. Ein Seelsorgerat meinte bildhaft mit Blick auf die Bischöfe: «Die einen stellen ganze Autobahnen zur Verfügung, die andern nur schmale Feldwege.»